V. Kollaboration, Kommunikation und Rollenverständnis 40. Wie lässt sich sicherstellen, dass Lehrende Feedback erhalten?
Im Kontext eines lernendenzentrierten Ansatzes, bei dem Lehrende das Lernen unterstützen möchten, fallen Kommunikation und Feedback zwischen den beteiligten Akteur*innen eine zentrale Rolle zu. Feedback-Situationen sollten aktiv als formative Evaluation (→III. Assessment) gestaltet werden, die es den Lehrenden kontinuierlich ermöglicht, Rückmeldung zu erhalten und ihre Veranstaltung dementsprechend den Lernfortschritten beziehungsweise-bedarfen der Studierenden anzupassen. Der Leitidee einer geteilten Verantwortung für den Lernprozess folgend, ist es unabdingbar, dass beide Seiten Gesprächsanlässe erkennen und nutzen, um sich gegenseitig zu vergewissern, dass die Zusammenarbeit lernförderlich ist, beziehungsweise um zu identifizieren, wo sie optimiert werden kann. Lehrende sind in diesem Kontext dafür verantwortlich, den Raum für einen Austausch zu schaffen und ihre Lehrveranstaltungen so zu organisieren, dass auch Studierende Gesprächsanlässe schaffen und aktiv nutzen können.
Lehrende müssen also zunächst einmal für sich selbst klären und dann für Studierende transparent machen, (a) an wen und wozu, (b) zu welchem Zeitpunkt und (c) mit welcher Methode respektive mit welchem Tool in welchem Setting Feedback eingeholt oder rückgemeldet werden soll. Diese Fragen werden im Folgenden kurz näher erläutert.
A) An wen und wozu wird Feedback gegeben?
Grob können hier drei Kommunikationswege mit unterschiedlichen Anlässen unterschieden werden:
- Lehrende holen Feedback von den Studierenden bezüglich des Lernprozesses ein, zum Beispiel mithilfe von Fragen wie: Was war Ihnen an der Veranstaltung bisher besonders wichtig? Was ist Ihnen an Konzept XY unklar geblieben und warum? Inwieweit unterstützt die angebotene Lernumgebung Ihr Lernen? Was bräuchten Sie anders und warum?
- Studierende geben sich untereinander Feedback, zum Beispiel durch Fragen zur Zusammenarbeit wie: Was war an der Gruppenarbeit lern- förderlich? Was hätte ich eher anders gebraucht und warum?
- Lehrende geben den Studierenden Feedback, zum Beispiel zum beobachteten Lernfortschritt, etwa durch Aussagen wie: „An den Rückmeldungen habe ich gesehen, dass die meisten das Konzept XY verstanden haben. Fragen in Bezug auf Z oder A können Sie nochmal vertiefen unter…“; oder: „Ich habe gesehen, dass es noch große Missverständnisse gibt bei XY. Daher möchte ich heute noch einmal eingehen auf…“; oder: „Bei den Gruppenarbeiten ist mir aufgefallen, dass… Probieren Sie vielleicht einmal, …“.
B) Zu welchem Zeitpunkt soll Feedback eingeholt werden?
Soll Feedback grundsätzlich als Gesprächsanlass verstanden werden, bedarf es in den meisten Fällen eines formativen Designs, das heißt das Feedback sollte nicht erst am Ende einer Lehrveranstaltung erhoben werden, sondern noch während deren Verlauf. Nur so kann sichergestellt werden, dass die durch das Feedback angestoßene Kommunikation aufgegriffen werden und tatsächlich noch zu unmittelbaren Veränderungen im Lernprozess führen kann. Geeignete Zeitpunkte für Rückmeldungen oder Feedback sollten daher ausgehend vom Zweck der Evaluation bestimmt werden. Bei der Auswahl können die folgenden Fragen hilfreich sein:
- Wo befinden sich signifikante Einschnitte entlang der Progression der für die Lehrveranstaltung intendierten Lernziele?
- Wie sind Gruppenarbeitsphasen organisiert und ab wann haben sich Gruppen soweit geformt, dass eine Reflexion der Zusammenarbeit sinnvoll ist?
- Welche Arten des in der Lehrveranstaltung eingesetzten formativen Assessments eignen sich für individuelle Rückmeldungen an Studierende und welche können der gesamten Lerngruppe rückgemeldet werden?
C) Mit welcher Methode beziehungsweise mit welchem Tool soll Feed- back eingeholt werden?
Entscheidend für die Auswahl der Methoden oder der Tools, die eingesetzt werden sollen, ist wiederum die Frage, in welchem Setting das Feedback abgefragt werden kann oder soll. Einsatzszenarien könnten zum Beispiel sein:
- Innerhalb einer Gruppe in einer synchronen Lehrveranstaltung: Hier eignet sich eher qualitatives Feedback, beispielsweise durch kollaborative Tools wie Padlet, Mural oder ähnliches.
- Ein anonymes Stimmungsbild lässt sich gut durch Umfragen in den Konferenztools erstellen sowie durch alleinstehende Tools wie Mentimeter, Oncoo oder Pingo. Letztere Tools können Sie auch für Umfragen in Präsenzveranstaltungen sowie in großen Gruppen einsetzen.
- Für individuelle Rückmeldungen (anonym oder namentlich) kann für den gesamten Verlauf einer Lehrveranstaltung ein Forum bereitgestellt werden, zum Beispiel durch die entsprechende Funktion in einem LMS oder durch alleinstehende Tools wie Padlet.
Weitere Methoden und Beispielfragen, die zur Reflexion oder für formative Evaluationen eingesetzt werden können, sowohl für Lehrveranstaltungen in Präsenz als auch im virtuellen Raum, finden sich auf unserer Webseite.
Eggensperger, P., Kleiber, I., Klöber, R., Lorenz, S.M. & Schindel, A. (2023) Virtuelle Hochschullehre. Ein Handbuch in 50 Fragen und Antworten, Heidelberg: heiBOOKS, S. 114-117