II. Veranstaltungsformate 10. Wie unterscheiden sich synchrone und asynchrone Lehrformate?

Wie in jedem Lehrsetting muss auch in der virtuellen Lehre entschieden wer- den, welche Lehr-Lernaktivitäten – entsprechend der formulierten Lernziele – während der Kontaktzeit stattfinden und welche die Lernenden eigenständig als Vor- oder Nachbereitung der Veranstaltung durchführen sollen. In der virtuellen Lehre wird in diesem Zusammenhang grundsätzlich zwischen synchronen und asynchronen Formaten unterschieden, die oftmals auch als Kombination, zum Beispiel als sogenanntes Blended Learning, eingesetzt werden. Auch sogenannte Hybrid-Lehre, als besondere Kombination aus Präsenz- und virtueller Lehre, gliedert sich in synchrone und asynchrone Formate, die auf unter- schiedliche Weisen sinnvoll miteinander kombiniert werden können (→Frage 5 und 15). Unterschiedliche Varianten bieten je eigene Potenziale zur Gestaltung einer virtuellen Lernumgebung. Neben den technischen Rahmenbedingungen (→Frage 1) sollten didaktische Fragen bei der Entscheidung über die Umsetzung eines Formates leitend sein: Was soll ein Format für die Lernenden er- möglichen? Was sollen sie dort lernen? Welche Aktivitäten sollen sie dort aus- führen? Wie wird das Erreichen von Lernzielen überprüft?

Synchrone Lehre bezeichnet im virtuellen Kontext ein Setting, bei dem sich Lehrende und Lernende gleichzeitig in einem virtuellen Raum befinden, klassischerweise in einer Videokonferenz. Als asynchrone Lehre werden entsprechend jene Lehr-Lernformate bezeichnet, die ohne gleichzeitige Online-Treffen auskommen (→Frage 14).

Die folgende Tabelle 1 zeigt schematisch Vor- und Nachteile von beziehungsweise didaktische Überlegungen zu synchronen und asynchronen Lehrformaten auf.

Tabelle 1. Synchrone und asynchrone Lehrformate.

Tabelle

Synchron 

(als Webkonferenz, direkte Interaktion)

  • gewährleistet gewohnte Tages- / Wochenstruktur für Studierende (Einhaltung der Präsenzstunden)
  • Interaktivität  synchron möglich (Fragen stellen, Input der Studierenden, Diskussion)
  • Abhängigkeit von Datenleitung auf Seite der Lehrenden und Studierenden
  • Stabilität der Software etc.
  • Orientierung über Möglichkeiten zur Interaktion (Chat, Breakout-Räume, Abstimmungen…)
  • Wissensdarbietung max. 20 Min, abwechselnd mit:
  • Arbeitsaufträgen, bei denen alle Studierenden partizipieren

Asynchron 

(Aufzeichnung, keine direkte Interaktion)

  • gute Planbarkeit, geringere Fehleranfälligkeit
  • zeitunabhängig, erhöht autonome Zeiteinteilung für Studierende
  • flexibel für unterschiedliche Lerntempi (Wiederholung)
  • nachhaltig: Inputteile / Wissensdarbietung können wieder verwendet werden

 

  • kein direktes Feedback / Interaktion von / mit Studierenden
  • Aufbereitung der Inhalte zeitaufwändig
  • auf Plattform zusätzlich ermöglichen:
  • Reflexionsfragen außerhalb der Wissensdarbietung
  • Interaktion / Nachfragen an Sie in Forum oder Chat
  • Partizipation unter Studierenden durch Gruppen

Diese Übersicht zeigt deutlich, dass sich die Fragen nach synchronem beziehungsweise asynchronem Lehren und Lernen wenig von den entsprechenden Fragen in der Präsenzlehre unterscheiden. Letztlich geht es bei der Planung von Lehre immer auch darum, welche Prozesse des Lernens gemeinsam und inter- aktiv stattfinden und welche aus guten Gründen aus dem direkten Kontakt in den Bereich des Selbstlernens überführt werden. Für beide Formen von Lehr- Lernsettings ist eine lernförderliche Vorbereitung durch die Lehrperson not- wendig, die etwa durch Aufgabenstellungen, Feedback- und Diskussionsstrukturen, Kollaborationsangebote und aufbereitetes Material das Lernen der Studierenden unterstützt. Gerade in asynchronen Strukturen sollten zudem der soziale Aspekt des Lernens und geregelte Kommunikationswege dezidiert mit- geplant werden (z. B. durch Foren oder Gruppenarbeiten).

Besonderes Potenzial bietet die Kombination synchroner und asynchroner Lehre in virtuellen Blended-Learning-Formaten. Hierbei können die Vorteile beider Varianten sinnvoll und lernförderlich genutzt und die Lehr- Lernszenarien so arrangiert werden, dass synchrone Einheiten vor allem zur Interaktion, Diskussion und direktem Feedback eingesetzt werden, asynchrone Phasen hingegen dazu, dass Informationen aufbereitet und rezipiert sowie aufwändigere Arbeitsaufträge flexibel durchgeführt werden. Die Ergebnisse solcher Selbst- oder Gruppenlernphasen wiederum bieten eine ausgezeichnete Vorbereitung, um in synchronen Online-Treffen über die Lernfortschritte und Schwierigkeiten in Austausch zu treten.

Eine spezifische Spielart des Blended Learning stellt das didaktische Format des sogenannten „Flipped Classroom“ (→Frage 6) oder „Inverted Classroom“ dar (Kenner und Jahn 2016; Weidlich und Spannagel 2014; Werner et al. 2018). Hier werden die asynchronen Teile vor allem für die Wissensdarbietung in Selbstlernphasen genutzt und die synchronen Teile der Veranstaltung für Interaktion, gemeinsame Reflexion und Feedback freigehalten. Dieser Aufbau von Lehr- Lernsettings bietet sich zum Beispiel durch den Einsatz von asynchron bereitgestellten Input-Videos auch ideal für virtuelle Szenarien an.

Eggensperger, P., Kleiber, I., Klöber, R., Lorenz, S.M. & Schindel, A. (2023) Virtuelle Hochschullehre. Ein Handbuch in 50 Fragen und Antworten, Heidelberg: heiBOOKS, S. 46-48