I. Technik, Tools und deren Rolle 6. Welche Unterstützung brauchen Lernende, um selbstständig Videopräsentationen und -vorträge zu erstellen?

Präsentationen und Vorträge durch Lernende sind weit verbreitet und stellen den Kern vieler diskursiver und ko-kreativer Veranstaltungsformate dar. Insbesondere in der digital gestützten virtuellen Lehre sind Videopräsentationen oder auch Audiopräsentationen und Podcasts häufig die erste Wahl, wenn es um Vorträge und Präsentationen durch Lehrende und Lernende geht. Während Live-Vorträge per Videokonferenz grundsätzlich denkbar sind, werden passive Phasen des zu langen Zuhörens im Rahmen von Videokonferenzen von vielen als noch anstrengender wahrgenommen als rein frontale Situationen in der Präsenz. Aufgezeichnete Präsentationen, die beispielsweise asynchron, im Sinne eines „Flipped Classroom“, vor oder nach einer Sitzung angeschaut werden können, bieten großes Potenzial, die verfügbare Zeit für Diskussionen und Fragen zu nutzen und Lehrveranstaltungen weniger passiv und frontal zu gestalten (Kleiber 2018; Kleiber et al. 2022).

Hat man sich für aufgezeichnete Präsentationen entschieden, muss man sich die Frage stellen, welche Unterstützung Lernende benötigen, um selbstständig gute Ergebnisse zu erzielen. Grundsätzlich sind hierbei vier Themenbereiche zu bedenken: (1) die inhaltliche Ausgestaltung der Präsentation, (2) deren visuelle, auditive, narrative etc. Gestaltung, (3) die technische Umsetzung und letztlich (4) die Bewertung der Präsentation, welche mit den zuvor genannten Themenbereichen kongruent sein muss. Darüber hinaus ist es wichtig, einen klaren Arbeitsprozess (mindestens: zeitlicher Rahmen, Formatvorgaben, Art und Weise der Abgabe, Bewertungskriterien) zu erarbeiten, der für Lernende und Lehrende als Orientierungshilfe dient.

Dies lässt sich an einem einfachen und praxiserprobten Beispiel zeigen: Lernende sollen eine fünf- bis zehnminütige Präsentation in Form eines foliengestützten Screencasts produzieren.  Diese Videos werden dann den anderen Lernenden zur Verfügung gestellt und schlussendlich mithilfe eines Kriterienrasters (assessment rubric; →III. Assessment) bewertet. In der Veranstaltung, oder auch asynchron in einem Forum oder Chat, sollen die Präsentation diskutiert und Fragen gestellt werden. Die Lernenden benötigen in erster Linie Informationen zu den inhaltlichen Kriterien sowie ihren Themen, dem gewünschten Format, der Länge, Hinweise zur technischen Umsetzung und vor allem auch der Abgabe des finalen Lernprodukts. Besonders wichtig ist es klarzustellen, inwiefern die gestalterische und technische Umsetzung in die Bewertung einfließt. Daher bietet es sich an, das Kriterienraster transparent zu machen oder die Bewertungskriterien gleich gemeinsam mit den Lernenden zu erarbeiten. Insbesondere sollte man sich darüber Gedanken machen, welche Präsentationsformate und Videogenres, im einfachsten Fall wie hier ein Screencast, angemessen und erwünscht sind. Ebenfalls ist es wichtig, den Umgang mit den Lernprodukten, insbesondere deren Weitergabe, zu thematisieren und klare Regeln festzulegen. Je nach Kontext und Format kann es auch notwendig sein, entsprechende Freigaben von den Lernenden einzuholen, bevor Videoaufzeichnungen hochgeladen werden. Hinsichtlich der technischen Umsetzung hat es sich bewährt, einige kurze Anleitungen, zum Beispiel für Camtasia und OBS Studio, bereitzustellen, die von den Lernenden genutzt werden können, die noch keine oder nur wenig Erfahrung in der Videoproduktion haben. Lehrende können ihren Studierenden zusätzlich helfen, indem sie selbst Videos erstellen, in denen sie die Videoaufzeichnung thematisieren und gleichzeitig demonstrieren. Wenn Studierende sehen, dass Lehrende auch keine fehlerfreien und perfekten Videos produzieren, haben sie meist weniger Hemmungen, ihre eigenen Produkte zu erstellen und zu teilen.

Eggensperger, P., Kleiber, I., Klöber, R., Lorenz, S.M. & Schindel, A. (2023) Virtuelle Hochschullehre. Ein Handbuch in 50 Fragen und Antworten, Heidelberg: heiBOOKS, S. 36-37