I. Technik, Tools und deren Rolle 4. Wie können und sollten verschiedene Tools zusammenspielen?

Durch die Kombination verschiedener Tools können komplexere, interaktivere und häufig auch interessantere Lehr-Lernszenarien umgesetzt werden. Im Folgenden werden daher zwei typische Beispiele vorgestellt: die Kombination von Audio- und Videochat (z. B. BigBlueButton, Jitsi oder Zoom) mit Kollaborationstools (z. B. Mural oder Miro) sowie das Einbetten von Webinhalten und Webapplikationen in ein LMS. 

Obwohl manche Kommunikationslösungen bereits Tools zur Kollaboration eingebaut haben (BigBlueButton und Zoom bieten beispielsweise ein einfaches geteiltes Whiteboard an), ist es oft wünschenswert, über dieses Angebot hinauszugehen. In der Praxis stellt sich das häufig so dar, dass die Lernenden, die sich beispielsweise auch in Kleingruppen (z. B. in Breakout-Räumen) befinden können, dazu aufgerufen werden, einen zweiten Tab im Browser für das zusätzliche Tool zu öffnen. In diesem Szenario wird der Video- oder Audiochat im Prinzip als Telefonkonferenz verwendet und die Gruppen arbeiten parallel in einer Kollaborationsumgebung wie Etherpad, TaskCards, Google Jamboard, Mural oder Miro. Diese Vorgehensweise bietet sich auch für synchrone hybride Szenarien (→Fragen 5, 17) an: Sowohl die Lernenden in Präsenz als auch die virtuell Teilnehmenden arbeiten gemeinsam in der digitalen Umgebung, zum Beispiel einem Whiteboard oder geteilten Dokument. Das Kommunikationstool stellt dabei die Brücke zwischen der Gruppe vor Ort und den Lernenden in der Ferne dar. Bei diesem Vorgehen ist es jedoch wichtig, darauf zu achten, dass es auf Mobilgeräten schwieriger oder sogar unmöglich ist, schnell zwischen verschiedenen Webseiten und Apps hin und her zu wechseln. Ebenfalls ist zu beachten, dass diese Form des Arbeitens, insbesondere ohne Untertitelung der Kommunikation, zusätzliche Hürden für Menschen mit Beeinträchtigungen aufbauen kann. 

Als zweites Beispiel dient das Einbetten von Webinhalten und Webapplikationen in LMS-Kurse. Nahezu alle verbreiteten LMS-Lösungen, zum Beispiel Moodle oder ILIAS, erlauben es, außenstehende Inhalte einzubetten. Üblicherweise funktioniert das anhand von sogenannten embed codes. Technisch gesehen wird dabei der externe Inhalt, zum Beispiel ein Tool wie fragmich.xyz, per IFrame eingebunden. Dabei bleiben die externen Inhalte auf dem fremden Server, für die Lernenden sieht es aber so aus, als ob diese ein Teil des Kurses wären. Sie müssen die LMS-Umgebung nicht verlassen und haben eine mehr oder wenige einheitliche Erfahrung. Einen Sonderfall stellen bei Learning-Management-Systemen externe Anwendungen und Inhalte dar, die den sogenannten LTI-Standard (Learning-Tools-Interoperability-Standard) einhalten. Solche Anwendungen (z. B. eine Simulation, ein Lernspiel oder ein Kollaborationstool), die von außen eingebunden werden, können zusätzlich mit den Kursdaten interagieren und zum Beispiel weitere Assessment-Optionen (→III. Assessment) bereitstellen. Da es hier aber schnell zum Austausch von personenbezogenen Daten kommen kann, sind diese Applikationen mit großer Vorsicht zu behandeln. 

Ganz grundsätzlich sollte immer darauf geachtet werden, dass nicht zu viele unterschiedliche Tools und Plattformen genutzt werden und das Angebot für die Lernenden nicht unübersichtlich wird. Das kann insbesondere auch dann passieren, wenn unterschiedliche Lehrende auf verschiedene Tools setzen und so die Gesamtmenge an Tools, Plattformen und Kanälen immer größer wird. Nichtsdestotrotz sollte man nicht davor zurückschrecken, unterschiedliche Werkzeuge gemeinsam zu verwenden und zu experimentieren. Insbesondere die Möglichkeit, externe Inhalte und Tools „unsichtbar“ einzubinden, stellt einen guten Weg dar, einen LMS-basierten Kurs um zusätzliche (interaktive) Inhalte zu ergänzen. Zusätzlich lässt sich die Problematik der Toolvielfalt gut durch Anleitungen und „Tool-Spielplätze“, auf denen Lernende sich mit den Werkzeugen vertraut machen können, abfedern. Die meisten Hochschulen bieten hier, zumindest für die genutzten Standardwerkzeuge, Materialien an, die man explizit nochmals an die Lernenden weiterreichen sollte.

Eggensperger, P., Kleiber, I., Klöber, R., Lorenz, S.M. & Schindel, A. (2023) Virtuelle Hochschullehre. Ein Handbuch in 50 Fragen und Antworten, Heidelberg: heiBOOKS, S. 33-34