IV. Classroom Management, Lernmaterialien und Accessibility 33. Wie lässt sich mit Störungen umgehen?

Grundsätzlich ist zwischen zwei Arten von Störungen im virtuellen Raum zu unterscheiden, das heißt solchen, die absichtlich beziehungsweise unabsichtlich entstehen. Während sich unabsichtliche Störungen, zum Beispiel durch ein nicht stummgeschaltetes Mikrofon, leicht durch grundsätzliche Verhaltensregeln (→Frage 28), auf die man sich in konkreten Situationen beziehen kann, in den Griff bekommen lassen, stellen absichtliche Störungen eine echte Herausforderung dar.

Da es im digitalen Raum schwieriger ist, Störungen proaktiv zu unterbinden, sollte ein besonderes Augenmerk auf deren Prävention gelegt werden. Hier sind insbesondere zwei Maßnahmen wichtig. Zum einen ist es empfehlenswert, mit den Studierenden einen Lernkontrakt (siehe Kaufmann und Eggensperger 2017, 18f.; →Frage 38) zu schließen, der die Zusammenarbeit regelt. Wenn eine solche Übereinkunft nicht gewünscht ist, sollte es dennoch zumindest einige transparente und klare Regeln (z. B. die Stummschaltung des Mikrofons, das „digitale Melden“ etc.) geben. Zum anderen sollte darauf geachtet werden, Situationen zu vermeiden, die zum Stören einladen. Solche entstehen häufig dann, wenn Arbeits- und Handlungsaufträge unklar sind oder Lernende zu lange keine Möglichkeit zur Partizipation hatten. Jedoch gilt zu bedenken, dass manche in der Präsenz als Störung empfunden Verhaltensweisen, zum Beispiel das extensive parallele Chatten (→Frage 29), online fest etablierte und vollkommen akzeptable Verhaltensformen sind, welche zum Beispiel per Lern- kontrakt geregelt werden können.

Wenn trotz aller Vorkehrungen Störungen auftreten, sollten diese „unverzüglich, undramatisch und […] diskret“ (Haag und Streber 2020, 56) unterbunden werden (z. B. durch Stummschaltung), um den Fluss des Unterrichts auf- recht zu erhalten und der störenden Person keinen Raum zu bieten. Bei größeren Veranstaltungen bietet es sich außerdem an, auf (studentische) Moderator*innen zurückzugreifen, die beispielsweise den Chat moderieren.

Neben diesen Störungen „von innen“ gibt es regelmäßig auch absichtliche Störungen von außen. Ein Beispiel dafür ist das sogenannte Zoombombing, bei welchem Außenstehende Videokonferenzen oder auch virtuelle Kollaborations- räume betreten und stören. Neben grundsätzlichen technischen Vorkehrungen (z. B. Warteräume, beschränkte Besucher*innenrechte und Passwörter) ist im Falle von solchen Störungen vor allem schnelles und souveränes Handeln gefragt. Während es extreme und gefährliche Formen der externen Störung, zum Beispiel die Darstellung von verstörenden Inhalten per Bildschirmfreigabe, gibt, handelt es sich im Lehrkontext häufig schlichtweg um moderne Streiche, die auch als solche einzuordnen sind. Dementsprechend bietet es sich in der Praxis an, die Störung kurz und besonnen als solche anzuerkennen, die Störenden zu entfernen und dem alten Internet-Grundsatz „Don’t feed the troll!“ zu folgen, also auf Provokationen nicht einzugehen.

Eggensperger, P., Kleiber, I., Klöber, R., Lorenz, S.M. & Schindel, A. (2023) Virtuelle Hochschullehre. Ein Handbuch in 50 Fragen und Antworten, Heidelberg: heiBOOKS, S. 97-98