I. Technik, Tools und deren Rolle 9. Wie kann mit technischen Problemen umgegangen werden?
Technische Probleme gehören in der virtuellen Lehre zum Alltag und sollten daher in der didaktischen Planung mitgedacht werden. Dabei kann es sich sowohl um individuelle Hürden, zum Beispiel Schwierigkeiten bei der Bedienung oder Inkompatibilitäten mit einem bestimmten Browser, als auch um grundlegende Probleme, zum Beispiel dem zeitweisen Ausfall des LMS oder der Videokonferenz, handeln.
Um technische Probleme von Anfang an zu minimieren, sind folgende drei Präventivmaßnahmen besonders gut geeignet:
- Erstens sollte die eingesetzte Technik an die Voraussetzungen angepasst sein. Wenn die meisten Lernenden nur Zugriff auf ältere Geräte und langsame Internetverbindungen haben, sollte man auf möglichst einfache Tools zurückgreifen, die vielleicht nicht so viele Funktionen bieten, aber einen reibungslosen Ablauf garantieren. Lehrende sollten sich daher frühzeitig darüber informieren, wie die Lernenden ausgestattet sind, welche Erfahrungen sie in der Vergangenheit gemacht haben und welchen eventuellen Barrieren sie begegnen könnten. Diese Informationen können über eine anonyme digitale Umfrage (z. B. im LMS oder mit einem Tool wie Google Forms) eingeholt werden, welche die Lernenden vor dem Semester beantworten.
- Zweitens ist es wichtig, neue Technologien und Tools separat einzuführen (→Frage 42) und den Studierenden Testumgebungen und Hilfestellungen zur Verfügung zu stellen, sodass die Anwendungen eingeübt und Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden können. Kurze Erklärvideos und Schritt-für-Schritt-Anleitungen haben sich hier als sehr hilfreich herausgestellt, da diese im Bedarfsfall direkt genutzt werden können.
- Drittens ist es empfehlenswert, Checklisten und FAQs anzulegen, die bei typischen Problemen und Störungen helfen und von Lernenden eigenständig genutzt werden können. Solche Handreichungen können auch einfache, aber wirkungsvolle Tipps wie das Verwenden eines alternativen Browsers oder das erneute Herstellen der Internetverbindung beinhalten. Sie sollten frühzeitig zur Verfügung gestellt werden und auch ohne Internetzugang erreichbar sein.
Neben den Präventivmaßnahmen ist auch das Vereinbaren von Verhaltensregeln bei technischen Schwierigkeiten hilfreich, zum Beispiel im Lernkontrakt (→Frage 38). So wissen Lernende beispielsweise, wie sie sich zu verhalten haben, falls ihre Internetverbindung abbricht oder falls die Lehrperson plötzlich aus einer Sitzung verschwinden sollte. Insbesondere im Kontext von hybrider Lehre sollte auch geklärt werden, wie zu verfahren ist, wenn virtuelle Teilnehmer*innen den Zugriff zur Veranstaltung verlieren. In jedem Fall bieten diese vereinbarten Verhaltensregeln allen Beteiligten Sicherheit und der Handlungsdruck, schnell eine passende Lösung finden zu müssen, wird reduziert.
Auch für Komplettausfälle sollten Lehrende eine geeignete Alternative parat haben, die auch ohne die geplante Technik und/oder die synchrone Teilnahme auskommt. Um Zeit für ständige Mehrfachplanungen zu sparen, ist es empfehlenswert, auf eine alternative Lerneinheit zurückgreifen zu können. Beispiele dafür könnten eine individuell asynchron zu bearbeitende Selbstlerneinheit oder eine Reihe von einfachen Übungsaufgaben sein. Bei solchen Backup-Lösungen kann auch eine zweite externe Plattform (z. B. TaskCards) zum Einsatz kommen, auf der Aufgaben und Materialien liegen, wenn im Ernstfall beispielsweise das LMS der Hochschule ausfällt. Aus demselben Grund kann es sinnvoll sein, einen alternativen Kommunikationskanal zu etablieren, zum Beispiel Discord oder auch einen einfachen Mailverteiler, der im Zweifelsfall genutzt werden kann.
Eggensperger, P., Kleiber, I., Klöber, R., Lorenz, S.M. & Schindel, A. (2023) Virtuelle Hochschullehre. Ein Handbuch in 50 Fragen und Antworten, Heidelberg: heiBOOKS, S. 40-42